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9. Modellvorstellungen für den elektrischen Stromkreis

a) Elektrische Ladungen

Die Metalldrähte (im Wesentlichen bestehen die meisten elektrischen Geräte aus Drähten – z.B. die Glühwendel einer Glühlampe) bestehen aus aneinander gebundenen Metallatomen. Atome wiederum bestehen aus dem Kern und der Hülle aus Elektronen, die im Vergleich zum Kern sehr leicht sind. Kern und Elektronen besitzen unterschiedliche Ladungen und ziehen sich deshalb an (analog der Anziehung von Sonne und Planeten, wobei hier ein anderer Typ von Anziehungskraft vorliegt). Der Kern ist nach Konvention positiv geladen, die Elektronen negativ.

Dass es in der Natur zwei Ladungsarten gibt (die man konventioneller Weise als positive und negative Ladung bezeichnet) mit der Wirkung, dass sich gleichnamige Ladungen gegenseitig abstoßen und ungleichnamige anziehen, wird durch folgende Erscheinungen nahegelegt: Zwei Hartgummistäbe werden mit einem Wolllappen oder Fell gerieben – sie stoßen sich jetzt ab. Wolllappen und Stab ziehen sich dagegen an. Sorgfältige weitergehende Untersuchungen zeigen, dass von den Wolllappen (Fell) Elektronen auf den Hartgummistab übertragen werden. Er ist dadurch mit einem Elektronenüberschuss versehen und damit negativ geladen. Auf dem Wolllappen fehlen Elektronen, das ursprüngliche Gleichgewicht von negativen und positiven Ladungen ist gestört, es überwiegen die positiven Ladungen. Reibt man Glasstäbe mit einem Seidentuch, beobachtet man wieder, dass sich die Glasstäbe abstoßen, Tuch und Glasstab anziehen. Auch hier ist das Ladungsgleichgewicht gestört. Aber: Ein mit dem Wolllappen geriebener Hartgummistab und ein mit dem Seidentuch geriebener Glasstab ziehen sich gegenseitig an! Also muss der Glasstab positiv geladen sein und das Seidentuch Elektronen vom Glasstab abgenommen haben.

Die Anziehungs- und Abstoßungskräfte bei Körpern, die durch Reibung elektrisch geladen wurden, kann man sehr gut reproduzierbar bei Tageslichtprojektorfolien beobachten.

Wir legen von 4 Folien zwei als Paar aufeinander und die beiden anderen einzeln jeweils auf ein Blatt Papier. Mit einem weichen Tuch streichen wir mehrmals über das Folienpaar, heben es vom Papier ab und ziehen erst dann die beiden Folien auseinander: Man spürt deutlich, wie sie aneinander haften. Lässt man sie nebeneinander herunterhängen, sieht man, wie sie sich gegenseitig anziehen (Abb. 16a))

Als nächstes werden die beiden einzelnen Folien mit dem Tuch gerieben, vom Papier abgehoben und nebeneinander gehalten (Abb. 16b). Man sieht, dass sich die Folien abstoßen.

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Abb. 16a):
Anziehende Kräfte bei geriebenen Tageslichtprojektorfolie
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Abb. 16 b):
abstoßende Kräfte bei geriebenen Tageslichtprojektorfolie

Hinweis:
Dünne, nur zur Beschriftung geeignete Folien zeigen die Abstoßung bzw. Anziehung sehr viel deutlicher als die dickeren, kopierfähigen Folien.


Im Metallverband ist es nun so, dass die Elektronen, die in der Hülle am weitesten vom Kern entfernt sind, sich leicht vom Kern lösen und sich praktisch frei im Metall bewegen können. Dies geschieht mit einer unvorstellbar hohen Geschwindigkeit von etwa 1000000km/h. Dabei stoßen sie ständig gegen die Metallionen und ändern dabei ihre Flugrichtung. Im zeitlichen Mittel bewegen sie sich praktisch nicht.
Werden die Enden des Drahtes mit einer Batterie verbunden, also eine Spannung angelegt, dann driften die Elektronen insgesamt in Richtung des Plus-Pols der Batterie. Diese Driftbewegung überlagert sich der ursprünglichen Bewegung und ist sehr langsam (einige cm pro Sekunde)

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Abb. 17: Resultierende Driftbewegung der Elektronen nach Anlegen einer Spannung.

Hier tritt nun eine Verwirrung bezüglich der Stromrichtung ein. Die Festlegung „Der Strom fließt von Plus nach Minus“ wurde getroffen, als man den Leitungsmechanismus in den Drähten noch nicht kannte. Man stellte sich vor, die positiven Ladungen würden von Plus nach Minus fließen. Diese so genannte technische Stromrichtung wird bei technischen Geräten (Batterien, Walkman, ...) noch immer benutzt, denn eine Umstellung würde in der Umstellungsphase zu vielen Unklarheiten und zerstörten Geräten führen. Die ausschließliche Verwendung der sogenannten physikalischen Stromrichtung (die Elektronen als negativ geladene Teilchen bewegen sich von Minus nach Plus) wäre eigentlich sinnvoller, weil sie der tatsächlichen Ladungsbewegung im Metall entspricht. Gegenwärtig muss man sich leider immer vergewissern, welche Stromrichtung gemeint ist.


b) Modelle für den elektrischen Stromkreis:
Gas- oder Wasserkreislaufmodel und das Höhenmodell


Analogiemodelle können für das Verständnis der Vorgänge im Stromkreis hilfreich sein. Man darf allerdings nicht vergessen, dass bei jedem Modell Aspekte vorhanden sind, die zu Fehlschlüssen führen können, wenn die Analogie überstrapaziert wird. Dies ist auch bei der Verwendung des folgenden Gasmodells für den elektrischen Stromkreis zu beachten. So führt z. B. eine undichte Stelle im Rohrsystem (oder das Auftrennen einer Rohrleitung, was dem Durchkneifen eines Zuleitungsdrahtes entsprechen würde) zum Ausströmen des Gases. Die Elektrizität bleibt dagegen im Draht.

Das Gas- bzw. Wassermodell

In ein Röhrensystem sind eine Pumpe und ein Windrad eingebaut. Das System ist mit einem Gas, z.B. Luft gefüllt. Die Pumpe sorgt für einen Druckunterschied p2 – p1 zwischen Ansaugstutzen und Pumpenausgang. Aufgrund dieses Druckunterschiedes strömt das Gas durch die Rohre und treibt das Windrad an.

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Abb. 18: Gasmodell für einen einfachen Stromkreis.

Die Luft entspricht der Elektrizität bzw. den Elektronen, die Pumpe der Batterie und das Windrad einem Motor oder einem Lämpchen. Die Luftmenge, die pro Sekunde durch einen Querschnitt strömt, entspricht der Stromstärke I. Sie ist überall gleich groß. Die Druckdifferenz zwischen den Pumpenanschlüssen entspricht der elektrischen Spannung UBa zwischen den Batterieanschlüssen.
Statt Luft kann man sich auch Wasser in das Röhrensystem eingefüllt denken. Ein Gas ist etwas realitätsnäher, weil zwischen den Elektronen im Metall wie bei einem Gas größere Zwischenräume vorhanden sind, die an verschiedenen Stellen aber im Mittel unterschiedlich groß sind, genauso wie bei Luft unter verschiedenem Druck.

Ein weiteres Modell ist das Höhenmodell:

Wasser wird von einem Wasserreservoir in ein zweites, höher gelegenes Reservoir gepumpt. Von dort kann es wieder herabstürzen und dabei eine Wasserturbine antreiben. Hier ist die Höhendifferenz die zur elektrischen Spannung analoge Größe.

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Abb. 19: Höhenmodell eines einfachen elektrischen Stromkreises.