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2. Physikalische Eigenschaften des Wassers

2.1 Die Dichteanomalie des Wassers

Verringert man die Temperatur von Flüssigkeiten, so nimmt in der Regel das Volumen der Flüssigkeit ab (die Dichte wird größer). Bei Wasser ist es bis zu einer Temperatur von 4°C ebenso. Wird Wasser noch weiter abgekühlt, dehnt es sich erstaunlicher Weise wieder aus (seine Dichte wird geringer), d.h. ein Liter Wasser mit einer Temperatur von 1°C oder von 6°C hat eine geringere Dichte als ein Liter Wasser mit einer Temperatur von 4°C. Damit ist ein Liter Wasser von 4°C schwerer als ein Liter Wasser mit einer Temperatur von 1°C oder von 6°C. Das bedeutet, dass ein Wasserbereich mit einer Temperatur von 4°C, der umgeben ist von wärmerem oder kälterem Wasser, nach unten absinkt. Über dem Wasser von 4°C befindet sich dann unter entsprechenden Umweltbedingungen (z.B. im Winter) kälteres Wasser, dass dann eher zu Eis gefriert als das darunter liegende wärmere, 4°C kalte Wasser. Dies ist für das Leben auf der Erde von fundamentaler Bedeutung: Da auf Grund dieser Dichteanomalie von Wasser Flüsse, Seen und Teiche von oben zufrieren, bliebt der untere Bereich (mit einer Temperatur von 4°C) eines (genügend tiefen) Süßgewässers in der Regel in einem nicht gefrorenen Zustand. Lebewesen können dadurch leichter überwintern.

Wie kann man sich diese Dichteanomalie erklären? In Abschnitt 1.2 war schon darauf hingewiesen worden, dass die Atome des Wassermoleküls nicht auf einer Geraden liegen sondern in einen Winkel von 104,5°. Allerdings ist in diesem Bild noch nicht berücksichtigt, dass das Sauerstoffatom in seiner äußeren Schale noch vier weitere Elektronen hat. Diese finden sich zu zwei Paaren zusammen, und diese beiden Paare und die beiden H-Atome ordnen sich so an, dass sie möglichst weit voneinander entfernt sind. Es entsteht ein Tetraeder, und dies ist die eigentliche Struktur des Wassermoleküls.

wasser_tetraeder

Abb. 3: Struktur des Wassermoleküls

Von Ph. Ball (Ph. Ball: H2O – Biographie des Wasser. Piper, München, Zürich, 2003, Kap. 6) stammt die folgende, sehr instruktive Analogie für die Wasserstoffbrückenbindung: Machen Sie einen Schritt nach vorn, so dass Ihre Beine einen Winkel von etwas über 100° bilden und strecken Sie nun Ihre Arme leicht nach oben. Die Hände entsprechen den H-Atomen und die Fußknöchel den Elektronenpaaren. Eine Wasserstoffbrückenbindung entsteht in unserer Analogie dadurch, dass eine Hand einen Fuß ergreift. Auf diese Weise kann eine stark vernetzte, regelmäßige Struktur entstehen.

wasser_verbindungen

Abb. 4: Verbindungen zwischen Wassermolekülen

Am regelmäßigsten ist diese Struktur bei Eis ausgeprägt, das eine sechszählige Symmetrie aufweist. (Damit lässt sich auch begründen, dass Schneekristalle immer sechs Strahlen aufweisen). Dies ist in dem folgenden Bild verdeutlicht, in dem ein Ring aus sechs Sauerstoffatomen hervorgehoben ist, die ja in der Mitte der Wassermolekültetraeder liegen.

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Abb. 5: Regelmäßige Anordnung der Wassermoleküle, die relativ viel Volumen benötigt (die mit einem + versehenen Teilchen bilden einen 6-er Ring)

Wird Eis erwärmt, werden Wasserstoffbrückenbindungen geöffnet bis die Wassermoleküle sich frei bewegen können. Aber immer wieder versuchen die Hände – in unserer Analogie – einen Fuß zu ergreifen, so dass es auch im flüssigen Zustand im zeitlichen Mittel einen recht starken Zusammenhang zwischen den Wassermolekülen gibt.

Das Aufbrechen der starren Orientierung der Bindungen im Eis ermöglicht es, dass sich Teile von Wassermolekülen in die recht großen Zwischenräume im Eiskristall schieben können, wodurch die Teilchen dichter gepackt sind und damit das Volumen des Wassers kleiner wird.

2.2 Wärmekapazität von Wasser

Eine weitere Besonderheit des Wassers ist seine ungewöhnlich hohe Wärmekapazität. Die Wärmekapazität (Symbol C) gibt an, welche Energiemenge benötigt wird, um ein kg eines Stoffes um 1°Celsius zu erwärmen. Die Tabelle zeigt, dass Wasser einen vergleichsweise sehr hohen Wert hat.

Stoff C (= Energie pro kg und Temperaturgrad)
Aluminium 920
Eisen 465
Gold 125
Beton 880
Eis 1930
Fichtenholz 2000
Glas 800
Wasser 4182
Luft 1007

Diese weitere ungewöhnliche Eigenschaft von Wasser ist für das Klima auf unserer Erde von höchster Bedeutung. Das Wasser der Ozeane kann riesige Energiemengen (die von der Sonne eingestrahlt werden) speichern, ohne dass sich seine Temperatur stark ändert. Dadurch schwankt die Temperatur der Luft in geringen Grenzen. Durch den Golfstrom fließen große Wassermassen, die im Golf von Mexiko erwärmt worden sind, nach Europa und sorgen durch die damit zu uns transportierten Energiemengen bei uns für ein gemäßigtes Klima.

2.3 Optische Eigenschaften

Auch im Bereich der optischen Phänomene weist Wasser besondere Eigenschaften auf. Es ist z.B. durchsichtig für die Lichtanteile, die unser Auge wahrnehmen kann. Ultraviolettes und infrarotes Licht werden dagegen stark vom Wasser absorbiert. Fällt Licht aus der Luft schräg auf eine Wasseroberfläche, so wird es abgeknickt.

lichtbrechung

Abb. 6: Ein auf eine (glatte) Wasseroberfläche fallendes Lichtbündel wird teilweise reflektiert und teilweise gebrochen.

Diese Lichtbrechung ist dafür verantwortlich dass im Wasser befindliche Gegenstände näher zur Oberfläche hin liegend erscheinen als sie tatsächlich sind, im Wasser stehende Stäbe an der Wasseroberfläche geknickt aussehen und dass Linsen Bilder erzeugen können.

Betrachtet man das gebrochene Licht genauer, dann sieht man, dass es farbig aussieht. Die im Licht enthaltenen verschieden farbigen Lichtsorten werden voneinander getrennt. Diese so genannte Dispersion bewirkt z.B., dass wir unter bestimmten Bedingungen so erstaunliche Naturphänomene wie den Regenbogen sehen können.

dispersion

Abb. 7: Dispersion – der blaue Lichtanteil wird stärker abgeknickt als der rote Anteil

2.4 Auftrieb

Schwere Eisenschiffe können auf dem Wasser schwimmen und Zeppeline können in der Luft schweben. Mithilfe des so genannten Auftriebs können wir uns dies verständlich machen. Verantwortlich dafür ist der auf der Erde herrschende Schweredruck in Gasen und Flüssigkeiten, dessen Betrag von der Höhe (Luft) oder der Wassertiefe abhängt.

Betrachten wir einen (der Einfachheit halber quaderförmigen) Körper, der in Wasser in verschiedene Tiefen eingetaucht wird. Auf den Körper lasten dann jeweils unterschiedlich hohe Wassersäulen, die eine jeweils unterschiedliche Druckkraft auf die Oberseite des Körpers ausüben. Wie groß ist der Druck an der Oberseite des Körpers bzw. wie groß ist die Druckkraft, mit der die Wassersäule auf den Körper drückt? Die Druckkraft ist leicht zu bestimmen, sie ist gegeben durch die Gewichtskraft der Wassersäule F=mg=ρVg=ρAhg (ρ ist die Dichte des Wassers: ρ=m/V, A die Fläche der Körperoberseite, h die Höhe der Wassersäule). Der Druck p=F/A ist damit p=ρAhg/A=ρhg. Das bedeutet allgemein, dass der Druck und die Druckkraft im Wasser mit der Tauchtiefe linear zunehmen.

auftrieb

Abb. 8: Der Druck auf die Oberseite des Körpers nimmt mit der Höhe der Wassersäule zu (rechts ist der Druck größer)


Betrachten wir nun alle auf den Körper einwirkenden Kräfte: Es sind 6 Kräfte, auf jeder Seite je eine Kraft.

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Abb. 9: Druckkräfte und Gewichtskraft auf einen in Wasser eingetauchten Körper (die beiden Druckkräfte, die vorn und hinten auf die Seite der Körper wirken, sind nicht eingezeichnet)

Ist der Körper stabil genug, heben sich die Kräfte auf die seitlichen Flächen gegenseitig auf. Die Kräfte von oben und unten sind nicht gleich: weil der Druck an der Unterseite etwas größer ist als auf der Oberseite, ist die Druckkraft von unten größer als die von oben. Es bleibt eine noch oben gerichtete Kraft übrig, die Auftriebskraft genannt wird. Ist diese genau gleich der Gewichtskraft des Körpers, dann schwebt dieser im Wasser. Ist die Auftriebskraft größer, wird der Körper nach oben geschoben bis er soweit aus dem Wasser herausragt, dass Druckkraft von unten und Gewichtskraft gleich sind. Der Körper schwimmt. Ist der Auftrieb kleiner als die Gewichtskraft, dann sinkt der Körper nach unten.

Bei Körpern, die sich in der Luftatmosphäre der Erde befinden, gilt ebenfalls, dass die Druckkräfte auf der Unterseite größer sind als die auf der Oberseite. Es gibt ebenfalls eine Auftriebskraft. Der Schweredruck in der Luft ist komplizierter als in Wasser, weil sich Luft sehr viel leichter zusammendrücken lässt als Wasser, und er ändert sich mit der Höhe der nicht so stark wie im Wasser. Demzufolge ist die Auftriebskraft bei vergleichbar großen Körpern in Luft bei weitem nicht so groß wie im Wasser.